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Bellah
Im Projektgebiet gibt es weit mehr Bellah, kel tamacheq noirs, frühere Leibeigene der Tuareg als Tuareg selbst. Beide, die hellhäutigen Tuareg wie die dunkelhäutigen Bellah, sprechen Tamascheck, die von Berbern stammende Sprache der Tuareg. Sie hat auch eine eigene Schrift, die jedoch wenig verbreitet ist. Als Muttersprache wird Tamascheck im Projektgebiet von mehr Menschen gesprochen als jede andere Sprache des Nordens.
Die Bellah sind zwar nominell frei, arbeitsam und wirtschaftlich überlebensfähiger als ihre frühere Herrschaft, aber meist landlos und blieben deshalb den Grundherren lange abgabenpflichtig. Das ist teilweise auch heute noch so.
Die Kreise von Goundam, Niafunké und Gourma-Rharous bilden den Bellah-Gürtel der Region von Timbuktu. Es sind vornehmlich Bellah, die die Ufer der Seen und Mare bewirtschaften, vor allem den fruchtbaren und sagenumwobenen Lac Faguibine. Sie leben als Land- oder Wanderarbeiter bzw. als Kleinbauern in Dörfern und halten kleine Ziegen- und Schafherden. Nur wenige Kinder von Bellah gehen zur Schule. Die Kernfamilien tendieren zu durchschnittlich zehn Personen.
Die Bellah-Bevölkerung hatte während der Rebellion die Ufer des Lac Faguibine und den gesamten ungeschützten Norden verlassen. Die Minderheit wanderte in das Gebiet des Office du Niger, die Mehrheit zog nur bis Goundam oder an den Lac Horo, lebte dort in Mattensiedlungen und verdingte sich als Land- und Erntearbeiter, die Frauen als Hausgesinde oder ebenfalls als Erntearbeiterinnen. Die überfüllten Elendssiedlungen der Bellah zählten von 1990 bis 1996 zum typischen Erscheinungsbild der Umgebung von Goundam, Lere und Timbuktu.
Während der Rebellion gab es unter den Bellah starke Tendenzen, sich den Songhoi anzunähern. Deren Gesellschaft ist zwar rein schwarz, deswegen aber nicht minder hierarchisch gegliedert und für die Bellah war wirtschaftlich wie sozial nur am untersten Ende Platz. Seit dem Ende der Rebellion gibt es bei Tuareg und Bellah der Region Timbuktu mehrheitlich Tendenzen, die Bellah wieder als integralen Teil der Tuareg zu begreifen und zu behandeln. Dies erfordert einen neuen contrat social zwischen ihnen, der sich jedoch nur zögerlich durchsetzt.
Das Programm Mali-Nord hat die Emanzipation der Bellah zu einem ihrer Anliegen gemacht und besteht auf freiem Zugang zu Bewässerungsland für alle. Tatsächlich gibt es unter den Bellah aber keine Grundbesitzer. Trotzdem gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Bewässerungsfeldern, die allein von Bellah erfolgreich bewirtschaftet werden. Hier haben die Grundherren (Tuareg) auf neuer Basis einen friedlichen Ausgleich mit den Bellah gesucht und gefunden.
Unter downloads findet sich ein interessanter Bericht von Abdoulaye Macko (2008):
Etude sur la situation de la communauté Bellah de Gourma Rharous (1,2mb)
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Stand: 07/2011
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