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Sonrai
Die Sonrai (Songhai oder Songhoi) bilden die Mehrheit der Bevölkerung in den kleinen ländlichen Städten (Niafunké, Diré, Goundam, Bintagoungou oder M'Bouna) und in den großen Dörfern, vor allem am Fluss. Die Sonrai hatten im 15. und 16. Jahrhundert ein eigenes, etwa hundertjähriges Reich (die Gräber der Askia-Dynastie finden sich in Gao), das mit der marokkanischen Invasion unterging.
Die Geschichte der Sonrai und der Tuareg sind eng miteinander verflochten und beide Kulturen überschneiden und ergänzen sich. Tuareg-Familien im Hinterland hatten traditionell korrespondierende Sonrai-Familie in flussnahen Dörfern. Zwischen beiden gab es lebhaften und regelmäßigen sozialen und wirtschaftlichen Austausch. Die Tuareg-Rebellion brachte einen bis dahin unbekannten Riss in diese Symbiose, die wirtschaftlicher Notwendigkeit entsprungen war und von der dominanten Gruppe (den Tuareg) notfalls mit Macht durchgesetzt wurde.
Die Sonrai sind Ackerbauern und die traditionellen Nutzer des Landes, unabhängig davon, wer nach afrikanischem Recht (Tradition) oder nach kolonialer Konvention das Recht hat, über die Nutzung des Landes zu entscheiden.
Die Sonrai sind im öffentlichen Dienst und in der Armee Malis überproportional vertreten, ihre Kinder haben den höchsten Anteil an der Einschulung, ihre Sprache hat sich als lingua franca im Norden Malis durchgesetzt.
Bis vor drei oder vier Generationen waren auch die Sonrai sehr mobil , sie migrierten mit dem Wasserstand des Flusses und lebten vornehmlich in Hangars aus verzierten Matten. Die kann man heute nur noch östlich von Timbuktu in Gourma-Rharous finden. Heute leben sie meist in Häusern aus Lehm (banco), je nach Standort und Einkommen möglichst mit Ziegelsteinmauern befestigt.
Die Gesellschaft der Sonrai ist ähnlich stark hierarchisiert wie die der Tuareg. Da alle die gleiche Hautfarbe haben, sind die Unterschiede von außen nur weniger leicht erkennbar als bei den Tuareg. Bei den Sonrai gibt es kaum (noch) traditionelle Führer, die für größere Gruppen sprechen können. Ihre Gesellschaft gliedert sich vielmehr in mehrköpfige örtliche Eliten, die über ihren Platz in politischen Parteien um die Vorherrschaft kämpfen.
Die feudale gesamtgesellschaftliche Solidarität, etwa die Verantwortung der Reichen für die Armen, existiert bei den Sonrai nur noch in Ausnahmefällen. Die Verbürgerlichung und Individualisierung der Gesellschaft ist bei ihnen schon weit vorangeschritten. Unter den Sonrai finden sich die meisten Unternehmer und kleineren Händler. Timbuktu, Diré und Goundam sind die Hochburgen der Sonrai-Gesellschaft im Projektgebiet.
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Stand: 07/2011
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