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Wüstenheuschrecke, criquet pèlerin (schistocerca gregaria)
Kein malischer Bauer oder Pflanzenschützer, den wir gesprochen haben, kann sich erinnern, je zu Beginn der Regenzeit Schwärme von Wüstenheuschrecken erlebt zu haben. In Malis Norden trafen sie im Sommer 2004 genau zu diesem Zeitpunkt ein und haben sich wegen der Regen in erschreckendem Tempo und Maß vermehrt und ausgebreitet.
Die Wüstenheuschrecke hat einen Lebenszyklus von etwa vierzig Tagen, den die Biologen in fünf Entwicklungsstadien unterteilen. Die Weibchen legen ihre Eier (zwischen 1.000 und 3.000 Stück) nach einem Regen (in Häufchen von 60 bis 70 Eiern) in einigen Zentimetern Tiefe im weichen Sand der Dünen ab, in einer Umgebung, die der nächsten Generation möglichst gute Überlebenschancen bietet (Pflanzen, Feuchtigkeit). Um zu schlüpfen, brauchen die Larven wiederum einen Regen.
Die Region von Timbuktu bietet diese Bedingungen in idealem Maße, am besten im Gourma und zwar im sogenannten Nigerbogen, dem ’boucle du Niger’, zwischen dem Lac Debo und Gao. Bambara Maoundé mit den (früheren) Seen Niangay, Do, Garou und Haribomo, extensiven Weidegründen und einem gleichmäßigen Bestand von Akazien war das bevorzugte Zielgebiet der aus Algerien einfallenden Schwärme.
Die malische Regierung setzte von Anfang an alles daran, die Plage kurz unterhalb des 16. Breitengrades aufzuhalten, knapp unter der Höhe der mauretanischen Grenze. Dabei ging es ihr vor allem darum, das Office du Niger, das größte Bewässerungsgebiet Malis mit der Stadt Niono als Zentrum (rund 50.000 Hektar) zu schützen und damit zugleich das sonstige Mali util (das nützliche Mali) im Gegensatz zum Norden. So verheerten die Schwärme ungehindert das Gebiet nördlich dieser Demarkationslinie.
Ein leichter Regen in den ersten Septembertagen hat Millionen von Larven in Gruppen schlüpfen lassen (Bild 1, bei Ber), die sich auf Pflanzen und Feuchtigkeit zu bewegen. Die jüngsten suchen möglichst zarte Blätter, bevorzugt der Hirse (Bild 2 in Arkessedji, bei Diré). Im dritten Stadium (Bild 3, Reispflanzen auf dem Bewässerungsfeld von Koumaira) bewegen sich die jungen Heuschrecken noch immer in überschaubaren kleineren Schwärmen und gruppieren sich am Abend in Büschen und dichter bewachsenen Hecken, die sie nachts bis auf den Stiel abfressen.
Zu großen Schwärmen tun sie sich zusammen, sobald sie das vierte Stadium erreicht haben und bilden kilometerlange gelbgrüne Teppiche. Bild 4 zeigt Heuschrecken dieses Stadiums, die in das Mar von Gourou (bei Aglal) eindringen. Mit einer Ausdehnung von 12.000 Hektar bietet dieses Mar den aus dem tieferen Gourma vordringenden Schwärmen unübersehbarer Ausdehnung für viele Tage genügend Nahrung (Bild 5).
Der Fluss Niger war für die aus südlicher Richtung heranziehenden Schwärme eine Scheidelinie, hier konzentrierten sie sich. Am 5. September etwa bewegte sich ein 25 km langer Schwarm von zwanzig Metern Breite am rechten Flussufer auf Timbuktu zu. Er ließ eine Spur der Vernichtung hinter sich. Aller Bourgou (Wassergras), das Viehfutter für die Trockenzeit, war vollständig abgefressen (Bild 6).
Bei den Kel Dourgou, einem Tuareg-Klan unweit von Timbuktu, hatte der Schwarm innerhalb von 72 Stunden 125 Hektar Bourgou, Tiefwasserreis auf einer Fläche von 100 Hektar, die in Ufernähe sonst hüfthohe Vegetation vernichtet und die Bäume alle kahl gefressen (Bild 7).
Die Flügel dieses Schwarms erreichten eben erst die Hälfte der Körperlänge (Bild 8). Sobald die Flügel (eine Woche später) bis zum Ende des Schwanzes reichen, sind die Heuschrecken ausgewachsen, geschlechtsreif und flügge. Sie paaren sich und fliegen davon und der nächste Zyklus beginnt.
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