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Der Kampf gegen den Einfall der Wüstenheuschrecken
In den zehn Jahren seines bisherigen Bestehens (von 1995 bis 2004) hat das Programm Mali-Nord 350 Motorpumpen eingeführt. Diese bewässerten in der Saison 2004 rund 10.000 Hektar Reisland. Das entsprach der Region von Timbuktu zwei Drittel aller Bewässerungsflächen. Diese périmètres irrigués villageois (PIV), gehören von vorneherein den Nutzern (Dorfgemeinschaften) selbst und werden deshalb auch von ihnen verteidigt.
Schwärme der Wüstenheuschrecke, criquet pèlerin (schistocerca gregaria), hatten Mauretanien im Mai des Jahres 2004 in Richtung Maghreb verlassen und waren in marokkanischen und algerischen Plantagen eingefallen. Es schien nicht ausgeschlossen, dass sie sich schließlich wieder nach Süden orientieren und über den Adrar nach Mali gelangen könnten.
Mitte Juni beschloss das Programm Mali-Nord (PMN) deshalb, gemeinsam mit dem staatlichen landwirtschaftlichen Beratungsdienst (SLACAER) und den lokalen Dienstleistungsunternehmen des Programms Mali-Nord, Brigaden zur Heuschreckenbekämpfung auszubilden (Bild 1: Kalil Toure, rechts, Umweltingenieur, Bürgermeister von Diré, im Gespräch mit Kleinbauern aus dem Dorf Kankondji.). Das war in den Jahren zuvor auch schon prophylaktisch der Fall gewesen war.
Ausgebildet wurden pro Niederlassung rund dreißig Brigadisten. Die Mitarbeiter des SLACAER erklärten ihnen das Verhalten der Heuschrecken und die Grundbegriffe des Kampfes gegen sie, klärten sie über den Umgang mit Insektengift auf und zeigten ihnen, wie man die Sprühgeräte bedient.
Anfang der letzten Augustwoche wurde klar: Die Vorbereitung waren zwar richtig gewesen, aber sie reichte bei weitem nicht hin. Das Programm Mali-Nord schließt wegen der Regenzeit normaler Weise jedes Jahr von Mitte August bis Mitte September seine Pforten. Nun wurden alle Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückgerufen und Ende August rollten die Fahrzeuge des Programms aus Bamako ins Feld und brachten 350 Handsprühgeräte (à 16 Liter) mitsamt der doppelten oder mehrfachen Anzahl an Schutzbrillen, Gummihandschuhen und Masken ins Feld. Für einige wenige, die mit dem Pflanzengift am meisten zu tun hatten, wurden Overalls, Gummischuhe und Gasmasken mit Filtern angeschafft (Bild 2: Einsatz auf den Feldern von Koumaira). Da es im Interventionsgebiet ständig am Insektengift fehlt, wurden zusätzlich eintausend Liter des von der malischen Regierung empfohlenen Insektengifts Décis Forte (BAYER) bestellt. Sie trafen am 9. September ein.
Wichtiger noch als die Ausstattung mit Gerätschaft war und ist der Einsatz des gesamten logistischen Materials des Programms für die Region. Die acht Geländefahrzeuge rollten ab Beginn des Noteinsatzes ununterbrochen und die fünf Pinassen mit Außenbordmotoren sowie die drei Flusspontons stellen das Rückgrat des Einsatzes im Flusstal des Niger dar.
Die Niederlassungen des Programms arbeiteten eng mit allen staatlichen Beratungsdiensten auf Kreisebene zusammen: landwirtschaftliche Beratung, Forsten, Umweltschutz usw. Manche von ihnen hatten Motorräder, Fahrzeuge oder Motorpinassen, die jetzt dringend benötigt werden, denn Mobilität ist alles. Zugleich brauchten deren Mitarbeiter die notwendigen Mittel, wenn sie (rund um die Uhr) im Einsatz sein sollten. Die Mittel für deren Transport hat das Programm über seine Niederlassungen zur Verfügung gestellt und die Kosten übernommen.
Die Behandlung aus der Luft ist für große und unwegsame Gebiete fraglos ohne Alternative. Um ein vielfaches effektiver ist jedoch, wo immer möglich, der direkte Nahkampf. Die Larven sammeln sich am Abend in Büschen, Hecken, Bäumen (Bild 3: abends am Rande des PIV von Koumaira) und sind in den frühen Morgenstunden mit einem Bruchteil an Gift und Material viel wirkungsvoller zu bekämpfen.
Die Wanderheuschrecke hat einen Entwicklungszyklus von vierzig Tagen. Die letzten Regen gab es Anfang September. Wenn es nicht noch einmal regnete (nur dann können neue Larven schlüpfen), war mit dem aktivsten Kampf bis Mitte, höchstens Ende Oktober zu rechnen.
Die Ernte auf den Dünen hatten die Bauern bereits aufgegeben, die der Mare ebenfalls. Die PIV bieten hohe Erträge auf relativ kleiner Fläche (Bild 4: Ein verteidigtes Saatbeet am Bara Issa). Die Kleinbauern waren zu höchstem Einsatz bereit, wenn es darum ging, ihre Felder zu schützen. Hinzu kam: selbst befallene Bewässerungsflächen lassen sich regenerieren, wenn man entsprechend länger bewässert. (Bild 5: Zwei abgefressene Parzellen am Rande eines Bewässerungsfeldes. Die Pflanzen sind zwar traumatisiert, wachsen aber nach). Die Erträge fallen dann zwar geringer aus, aber notfalls kann man auch im Januar noch etwas ernten.
Das Programm Mali-Nord organisierte gemeinsam mit dem staatlichen Beratungsdienst den Nahkampf gegen die Schwärme vor Ort (lutte de proximité) (Bild 6: Salaha Baby, links, Leiter der Niederlassung des PMN in Diré, und der Leiter des staatlichen Beratungsdienstes von Diré, rechts, im Gespräch mit Infonia, einem Chef der Kel Dourgou, die soeben Ernte und Weiden verloren haben). Ziel des Einsatzes war es, die Ernte auf den Bewässerungsfeldern, oder zumindest einen Teil von ihr zu sichern. Dabei ging es um 6.000 bis 10.000 Hektar Fläche bzw. eine Ernte von 30.000 bis 45.000 Tonnen Paddy (ungeschälter Reis).
Die Kosten der Kampagne haben 300.000 Euro nicht überschritten. Sie lagen damit bei rund 6,5 % des Ernteertrages, den es zu schützen galt (mindestens 30.000 Tonnen Paddy im Werte von 150 Euro pro Tonne). Die amerikanische Botschaft finanzierte dem Programm Mali-Nord US-$ 50.000 für den Einkauf von Sprühgeräten und Schutzausrüstung zum Einsatz in der Region von Timbuktu.
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