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Januar 2008
Essakane 2008, das 8. Festival in der Wueste (zaehlt man die drei Vorlaeufer mit) begann am Donnerstag den 10. Januar und endete am Samstag den 12. Der Akzent lag deutlich staerker als in den vorangegangenen Jahren auf dem touristischen Event als auf dem kulturellen und Frieden foerdernden Ereignis. Es gab weit mehr angereiste zahlende Gaeste als in den Vorjahren (am zweiten Tag waren 1.200 der Einlass-Armbaender verkauft), das Wetter war sonnig und windstill, die Naechte waren mild. Wie sagte ein italienischer Besucher ganz zutreffend: „Das Entscheidende ist hier doch die Szenerie“; und die liess wirklich nicht zu wuenschen uebrig. Wegen der inzwischen eindeutigen Orientierung auf den Tourismus war dies wohl die letzte finanzielle Beteiligung des Programms Mali-Nord am Festival von Essakane.
Die bei so schwierigem Gelaende oft unvermeidbaren Pannen nahmen alle gelassen hin. Der LKW mit der Beleuchtung war auf der Strecke Goundam Essakane 24 Stunden lang stecken geblieben und am Donnerstag um 15.30 Uhr, dem Zeitpunkt der Eroeffnung, befand sich die Buehne deshalb noch im Aufbau (Bild 1). Das Zeltlager, der Kunstgewerbe-Markt, die Beleuchtung des Gelaendes, die Sicherheit waren deutlich verbessert. Leider hielt die Musik nicht mit. Haira Arby die Saengerin aus Timbuktu, gab wie immer das Eroeffnungskonzert (Bild 2), in der Folge spielte eher der Nachwuchs.
In Essakane hat das Programm Mali-Nord vor Jahren die Rueckkehr der Fluechtlinge gefoerdert und zu diesem Zweck unter anderem mit Mitteln des UNHCR in Farach und Essakane Ende der 1990er Jahre zwei doerfliche Wasseranlagen finanziert. Der Besuch des Festivals war willkommener Anlass, mal wieder zu schauen, was aus ihnen geworden ist. Beide funktionieren einwandfrei, die in Farach (Bild 3) wie die in Essakane (Bild 4), wenn auch nicht ganz so, wie das mal intendiert war. In Mali wird Ungleiches gerne gleich behandelt. So zahlt jede Familie am Ort, unabhaengig davon, wie viel Vieh sie hier traenkt, den gleichen kleinen Betrag in die Wasserkasse ein, der in etwa reicht, den Waerter zu entgelten. Immerhin: Die Reparaturen sind irgendwie im Umlageverfahren finanziert worden. Auch die vom Programm Mali-Nord finanzierten Gebaeude, Schule und Rathaus, waren in Betrieb und in dem fuer hiesige Verhaeltnisse normalen Zustand.
Die Gemeinde Bourem (eine der 13 Gemeinden des Kreises Dire) liegt an zwei Seitenarmen des Niger, dem Farabongo und dem Kondi. Das Dorf Bourem Sidi Amar hat mehr als 2.500 Einwohner und ist umgeben von aberhunderten Hektar planer Anbauflaechen. Hier wird die Reisernte Mitte Januar gerade eingebracht. Die Weizen-, Anis- und Zwiebelfelder bilden schon die naechsten gruenen Teppiche. Dort wird Ende Maerz, Anfang April geerntet.
Zwischen Juni und Februar war Bourem frueher durch die Seitenarme des Niger abgeschnitten, bzw. nur mit Piroge zu erreichen. Im Jahr 2003 finanzierte das Programm Mali-Nord deshalb eine Faehre ueber den Kondi. Autos, Motorraeder, Eselskarren koennen seither den Fluss jederzeit ueberqueren. „Wir hatten aufgehoert die Felder auf der Seite nach Dire hin zu bestellen. Der Weg war den Menschen einfach zu weit“ (Buergermeister von Bourem). Diese Faehre hat den Menschen den Alltag ungemein erleichtert. „Jetzt zur Erntezeit ist das ganze Dorf tagsueber unterwegs und kehrt abends erst wieder zurueck“. Mitte Januar sind die Aehren geschnitten und das Korn wird gedroschen. Schon am fruehen Morgen sind die Frauen auf dem Weg zu den Dreschplaetzen (Bild 5).
Im Laufe des Tages stapeln sich die Saecke auf beiden Seiten des Flusses. Sie werden mit Eselskarren von den Feldern zur Faehre transportiert (Bild 6), auf die Faehre gestapelt, uebergesetzt, auf der anderen Seite erneut auf Eselskarren geladen und in die Getreidelager nach Bourem transportiert. Waehrend der Erntezeit ist die Benutzung der Faehre fuer alle Personen unentgeltlich. Fuer jeden Sack dagegen wird eine Blechbuechse voll Reis verlangt, im Gegenwert von 150 FCFA (= 23 Euro-Cent).
Zur Erntezeit wird der Reis zur Waehrung. Gleich neben der Faehre hat Ibrahim Baraka seinen Verkaufsstand installiert. Vor zwei Wochen ist er mit seiner Frau aus Djindigata/Lac Horo (Gemeinde von Tonka) angekommen (Bild 7). Tee, Zucker, Seife, Batterien oder Cassava verkauft er gegen Reis. Sieben Sack Reis à 80 kg hat er bereits eingenommen. Masseinheit sind zwei Blechdosen, die kleinere zu 65 FCFA (= 10 Cent), die groessere zu 150 FCFA.
In Richtung Timbuktu, am Tessakant, sind die letzte Nachzuegler noch am Dreschen. Wer seinen Reis jetzt noch nicht in den Saecken hat, teilt seine Ernte leicht mit den „mange-mil“, den kleinen Voegeln (qualea qualea), die sich in pfeilschnellen Schwaermen ueber die Felder bewegen (Bild 8). Sobald die grossen Weideflaechen im Norden vertrocknen, konzentrieren sie sich auf die Gruenflaechen im Flusstal des Niger.
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