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Dezember 2005
Fuenf Jahre nach dem Ende eines Programms oder Projekts veranlasst eine unabhaengige Abteilung der KfW Entwicklungsbank eine so genannte „Schlusspruefung“, um kritisch zu bewerten, ob das Geleistete auch Bestand hat. Eine solche Pruefung unternahm Frau Nina Boschmann (Bild 1: in Raz El Ma) im Auftrag der KfW Ende November und legte Anfang Dezember 2005 in Bamako ihr Aide-Memoire vor. Sie kam u. a. zu den folgenden fuenf Feststellungen:
- Nach durchschnittlich sechs bis neun Jahren Benutzung ist der physische Zustand der Gebaeude gut oder zufrieden stellend.
- Alle Gebaeude werden fuer die vorgesehenen Zwecke benutzt.
- Der Unterhalt der Gebaeude variiert stark, manche Nutzer kuemmern sich sichtlich, andere kuemmern sich ueberhaupt nicht.
- Das Wiederaufbauprogramm hat in der Bevoelkerung das Gefuehl verstaerkt, der Friedensprozess sei unumkehrbar.
- Das Programm Mali-Nord ist in der gesamten Region sehr bekannt. Allen seinen Massnahmen lagen vertragliche Vereinbarungen mit den Betroffenen zugrunde und eingegangene Verpflichtungen wurden eingehalten. Darauf gruendete das Vertrauen der Bevoelkerung und auf diese Weise gelang es, in einem entscheidenden Moment ihrer Geschichte flexibel auf den Bedarf und die Leistungsfaehigkeit der Bevoelkerungsgruppe einzugehen.
Im Kreis von Dire beginnt die Reisernte Ende Oktober und dauert bis weit in den Dezember hinein. Ein Reisfeld von vierzig Hektar ohne Maschinen abzuernten, d.h. die Aehren zu schneiden, zum Dreschplatz zu tragen, zu dreschen, meist noch mit Stoecken von Hand, den Reis in Saecke zu fuellen, die Saecke zu stopfen, zuzunaehen und per Eselskarren oder Piroge abzutransportieren dauert mehrere Wochen.
Jetzt sind es nicht die Motorpumpen am Flussrand, die ein Reisfeld ankuendigen, sondern die prall gefuellten silbrig glaenzenden Reissaecke, in denen sich schon von weitem die Sonne spiegelt (Bild 2). Jede Piroge auf dem Fluss (Bild 3), jeder Eselskarren auf dem Weg (Bild 4) ist mit dem Transport der Reissaecke beschaeftigt. Viele Tageloehner und Tageloehnerinnen finden bei den Erntearbeiten ein Auskommen. Niemand wird abgewiesen, der seine Arbeitskraft anbietet. Entlohnt wird in Reis. Am Rande der Felder bieten fliegende Haendler Tee, Zucker, Zigaretten, Trockenmilch und alles andere an, was sonst noch zum taeglichen Bedarf eines Tageloehners zaehlt.
Wir sind in Bourem Sidi Amar und besichtigen zwei Lager (Bild 5: Lager des PIV von Sidi Mido), in denen gerade die Pacht fuer die naechste Saison eingelagert wird. Mitten im Dorf, unter dem Schatten eines Baumes, sitzt ein junger Mann, ausgestattet mit einer Matte, einer Holzbank fuer wartende Kundschaft, einem Taschenrechner, mehreren leeren Saecken, einem Saval, dem traditionellem Hohlmass, das 2,8 kg Reis fasst, und einem Saeckchen voll Muenzen (Bild 6). Hier kann man seinen Tageslohn an Reis messen zu barer Muenze machen lassen. Der junge Mann, er arbeitet im Auftrag eines groesseren Haendlers, zahlt 300 FCFA pro Saval und der Haendler „verdient 100 bis 200 FCFA an jedem gefuellten Hohlmass“, sagt Kalil Toure. Eine knappe Stunde spaeter ist bereits ein zweiter Sack gefuellt. „Die Leute verkaufen ihren Tagesverdienst, um sich die Zutaten zur Sosse leisten zu koennen. Zur Erntezeit hat niemand mehr Geld.“
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